Homecoming: Zürich

Die Häuschen an der Limmat sind fein säuberlich aufgereiht – wie die Hähnchen und Rinderfilets in den Kühlschränken der Globus Delicatessa.

Erschienen in Vice, Dezember 2021

Ich bin nicht in Zürich aufgewachsen. Ich habe aber einige Jahre dort gewohnt, bevor ich nach Berlin gezogen bin. In Zürich habe ich angefangen, jemand zu werden. Wenn die wachsenden Arme und Beine plötzlich proportional mit dem Körper übereinstimmen, dann darf man das mit dem Leben endlich mal ein bisschen ausprobieren. Zürich war also mal dafür da, damit ich etwas ausprobieren konnte. Und jetzt ist Zürich dafür da, damit ich etwas vermissen kann. Wenn ich sage: „Ich fahre nach Hause“, dann meine ich Zürich.

In Zürich wurde ich cool, das findet zumindest ein Freund von mir. Er kennt sogar den genauen Moment. Als ich nach einer Garderobenschicht um 8 Uhr morgens bei einer Hausparty auftauchte, bei der man mit einer Leiter über den Balkon reinklettern musste. Auf dieser Leiter wurde ich also cool und eine halbe Stunde später sehr betrunken. Versucht habe ich es davor aber schon oft. Also das Coolwerden. Einen starken Drang cool zu sein, hatte ich das erste Mal, als ich S kennengelernt habe. Die Personen in diesem Text sind anonym, weil sie ihr Partyverhalten nicht offenlegen wollen.

An S denke ich manchmal, auch wenn wir eigentlich kaum noch Kontakt haben. Im Sommer zum Beispiel. Im Sommer schaute ich diesen Film, in dem sich mittelmäßige, depressive Männer die ganze Zeit ermutigend auf die Schulter klopfen. Der Kinosessel klappte nach hinten, wenn ich mich zurücklehnte. Ich wollte dann gerne meine Füße aus meinen Schlappen ziehen und sie auf den Sitzlehnen der Reihe vor mir abstützen. Doch dann entschied ich mich dagegen. Denn bei mir würde das nicht cool aussehen, sondern so als könnte ich mich nicht benehmen. Eine Frau wie S könnte das. Ihre Wohnung liegt im Kreis 1. Ich hatte ganz in der Nähe in einem Imbiss für gesunde Salate und Bowls gearbeitet und das ständige Lächeln gelernt. 

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Der ganze Text hier.